Wann und warum lohnt sich ein Praxiswertgutachten?
Die Frage nach dem Wert der eigenen Praxis stellt sich häufig nicht erst bei der Praxisabgabe, sondern vielfach bereits früher. Nachfolgend listen wir Ihnen einige typische Praxis-Situationen auf, in denen die Kenntnis des Praxiswertes notwendig ist. Nicht in allen Fällen wird zwingend ein Praxiswertgutachten benötigt. In einigen Situationen leistet es aber wertvolle Dienste.
1. Praxisabgabe
In attraktiven Lagen (meist in Großstädten) und in gesuchten Fachgruppen liegen die Praxisübernahme-Entgelte heute auf einem hohen Niveau. Ein Praxiswertgutachten sichert in solchen Fällen die Praxisübergabe ab, in dem es den Verkehrswert der Praxis belegt. Dies kann Schwierigkeiten bei der Übertragung der Zulassung abwehren oder künftig Abfindungsansprüche bei Praxisschließung durch den Zulassungsausschuss untermauern.
Unabhängig von der Lage lohnt sich die Erstellung eines fundierten Praxiswertgutachtens grundsätzlich bei ertragsstarken Praxen und hohen Praxiswerten. Denn hier können Abweichungen von wenigen Prozent bereits ein kleines Vermögen ausmachen. Dies gilt auch für schwierige Praxisübergaben in unterversorgten Regionen. Sofern dem einzigen Interessenten preisliche Zugeständnisse gemacht werden müssen, kann nur mithilfe eines Praxiswertgutachtens der wirtschaftliche Wert des Entgegenkommens dargestellt und in den Verhandlungen als zusätzliches Argument genutzt werden.
Bei der Veräußerung von besonders ertragsschwachen Praxen mit geringen Praxiswerten kann die Erstellung eines Praxiswertgutachtens hingegen tatsächlich unwirtschaftlich sein, da selbst bei schlechter Verhandlungsführung der wirtschaftliche Schaden gering ist.
Eine Praxisbewertung zur Vorbereitung einer Praxisabgabe sollte nur in seltenen Ausnahmefällen von der KV erstellt werden. Denn die KV kann aufgrund ihres übergeordneten Interesses an der Sicherstellung der medizinischen Versorgung nicht als neutral gelten. Durch die künftige dauerhafte Beziehung der KV zum Praxisübernehmer kann ein grundlegender Loyalitätskonflikt der KV zulasten des Praxisabgebers nicht sicher ausgeschlossen werden.
Auch kann die Bewertung des GOÄ-Bereiches durch eine KV unerwünschten politischen Einflüssen unterliegen. Schließlich wird die Bewertung des Praxisinventars durch die KV mangels Expertise entweder gänzlich unterlassen, oder ohne Praxisbegehung hilfsweise an den Buchwerten der Praxisbuchhaltung orientiert. Dies kann zu erheblichen Vermögensschäden für den Praxisabgeber führen.
Ähnliche Bedenken gelten prinzipiell stets dann, wenn eine Praxisbewertung durch einen Berater oder eine Institution erstellt wird, die an einer Geschäftsbeziehung mit dem Praxisnachfolger Interesse hat. Ist dies der Fall, sollte ein Praxisinhaber von einer nur vordergründig günstigen Auftragserteilung absehen und einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einschalten.
2. Einbringung in eine Kooperation
Bei der Einbringung einer Praxis in eine Kooperation (z.B. eine Gemeinschaftspraxis oder ein MVZ) dient ein fundiertes Praxiswertgutachten zur Ermittlung der Gesellschaftsanteile, die der Praxisinhaber für die Einbringung seiner Praxis erhält. Ein dergestalt abgesicherter Einstieg in eine Kooperation stellt erfahrungsgemäß die beste Basis für einen dauerhaften Bestand der Kooperation dar. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass sich im Nachhinein Fehleinschätzungen offenbaren und dauerhafte (und teilweise unheilbare) Unzufriedenheit entsteht.
Bei der Einbringung in eine Kooperation gilt zudem, dass zur Vermeidung jeglicher Interessens-Konflikte Berater oder Institutionen mit wirtschaftlichen Interessen an der Praxis (oder an einzelnen Partnern) bei der Vergabe eines Bewertungsauftrages auszunehmen sind. Nicht offengelegte Loyalitäten eines Beraters zu einzelnen Partnern werden im Regelfall später aufgedeckt und können zu Regressansprüchen oder mindestens zu ernsthaften Konflikten und Vertrauensschaden führen.
3. Streitige Fälle
In allen streitigen Fällen (z.B. Ehescheidung oder Abfindungszahlung bei Austritt aus einer Gemeinschaftspraxis) sollte als Gutachter nur ein Sachverständiger ohne aktuelle oder in Aussicht stehende Geschäftsbeziehung zum Praxisinhaber in Frage kommen. Ein Parteiengutachten durch einen im Dienstleistungs-Auftrag stehenden Berater wird hingegen selten anerkannt werden.
Tipp: Wenn Sie eine Praxisbewertung benötigen oder sich vorab informieren wollen, wenden Sie sich an das Sachverständigeninstitut G. + O. Frielingsdorf und Partner (Tel. 02 21 / 139 836-77 oder info@frielingsdorf-partner.de). Das Institut verfügt über fast 30 Jahre Erfahrung bei der Praxisbewertung.