Neues zum Versorgungsstrukturgesetz

Mittlerweile liegt aus dem Bundesministerium für Gesundheit ein Referentenentwurf zum neuen Versorgungsstrukturgesetz vor. Das Gesetzgebungsverfahren schreitet also voran.

In dem Anfang Juni vorgestellten Gesetzesentwurf sind Konkretisierungen zu einigen wichtigen Themen enthalten, die wir nachfolgend für Sie zusammengefasst haben:

1. Praxisabgabe im überversorgten Gebiet – Vorkaufsrecht für die KV
In überversorgten Gebieten soll die KV ein Vorkaufsrecht erhalten, um Praxen stilllegen zu können (wir berichteten). Die KV soll ihr Vorkaufsrecht ausüben können, wenn der Zulassungsausschuss einen Nachfolger ausgewählt hat und wenn zwischen Praxisabgeber und Nachfolger ein Kaufvertrag über die Praxis zustande gekommen ist. In diesem Fall soll die KV innerhalb eines Monates in diesen Kaufvertrag eintreten und die Praxis gegen Zahlung des dort vereinbarten Kaufpreises stilllegen können. Das Vorkaufsrecht der KV soll nicht greifen, wenn die Praxis an den Ehegatten, den Lebenspartner oder das eigene Kind übertragen wird oder wenn der Übernehmer in der Praxis als angestellter Arzt oder als Praxispartner tätig war.

2. Übertragung eines Zulassung an ein MVZ – Vorkaufsrecht für niedergelassene Ärzte
Hat der Zulassungsausschuss entschieden, dass eine Zulassung an ein MVZ gehen soll, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht Ärzten zusteht, sollen andere (ärztliche) Bewerber ein Vorkaufsrecht erhalten. Auch hier soll eine 1-Monats-Frist gelten, in der das Vorkaufsrecht durch den vom Zulassungsausschuss benannten erstberechtigten Bewerber ausgeübt werden kann. Nutzt dieser das Vorkaufsrecht innerhalb der Frist nicht, soll das Vorkaufsrecht an den nächsten Vorkaufsberechtigten übergehen usw.

3. Fördermaßnahmen in unterversorgten Gebieten
In unterversorgten Gebieten sollen die KVen für Fördermaßnahmen (Zuschläge zur Vergütung, Investitionszuschüsse, Vergabe von Stipendien) einen sogenannten Strukturfonds einrichten und diesen mit 0,1 % der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung füllen dürfen. Die Kassen wären dann verpflichtet, zusätzlich einen Betrag in gleicher Größenordnung beizusteuern.

4. Verlegung des Sitzes innerhalb eines Planungsbereiches
Eine Sitzverlegung soll künftig nur noch dann zulässig sein, wenn Versorgungsaspekte dem nicht entgegenstehen. Eine Sitz-Verlegung könnte demnach untersagt werden, wenn hierdurch eine regionale Versorgungslücke aufgerissen wird.

5. Neuer „Spezialärztlicher Bereich“
„Zur Förderung einer sektorenverbindenden Versorgung“ soll ein sogenannter „Spezialärztlicher Bereich“ eingeführt werden, zu dem Krankenhäuser und niedergelassene Fachärzte bei Erfüllung der Qualifikationsanforderungen (Ausgestaltung erfolgt durch den GBA) gleichermaßen freien Zugang haben. In diesem spezialärztlichen Bereich sollen Patienten behandelt werden mit besonderen Krankheitsverläufen oder seltenen Erkrankungen. Auch bestimmte ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe sollen künftig zu diesem Bereich zählen. Innerhalb dieses spezialärztlichen Bereiches sollen die Leistungserbringer die medizinische Versorgung wettbewerblich gestalten. Dies bedeutet u.a., dass alle Leistungserbringer zu gleichen Konditionen abrechnen (angedacht ist zunächst eine Abrechnung nach EBM, später soll eine diagnosebezogene Vergütungssystematik entwickelt werden).

Unsere Bewertung:
Dieser letzten Regelung müssen spezialisierte Fachärzte besonderes Augenmerk widmen. Nach Angaben der KBV könnten immerhin rund 16 % des gesamten Leistungsbedarfes in diesen neuen spezialärztlichen Bereich fallen.

Die Abrechnung erfolgte dann nicht mehr über die KV, sondern direkt mit den Kassen, die den hierfür erforderlichen Betrag nach Angaben der KBV aus der Gesamtvergütung der Vertragsärzte entnehmen würden. Bleibt die Regelung in dieser Form im Gesetz, werden Krankenhäuser künftig regelhaft als Mitbewerber im ambulanten Sektor auftreten.


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