Aufnahme eines Juniorpartners
Immer mehr Kollegen erreichen das geplante Rentenalter. Noch 1993 waren nur 6,7% aller niedergelassenen Ärzte älter als 60 Jahre (Quelle: Bundesärztekammer). Mittlerweile liegt deren Anteil bei knapp 12%. Parallel stagniert die Zahl der Medizin-Studenten an den Universitäten seit Jahren. Und von den teuer ausgebildeten Absolventen kommt nur noch rund die Hälfte im deutschen Gesundheitssystem an.
Beide Trends verstärken sich gegenseitig und führen dazu, dass heute selbst in guten Lagen die Praxisabgabe problematisch ist. Grund genug, das Projekt „Praxisabgabe“ frühzeitig zu beginnen und bereits einige Jahre vor dem geplanten Übergabetermin nach potenziellen Nachfolgern Ausschau zu halten. Ist ein passender Kandidat gefunden, muss dieser bis zur Praxisabgabe in die Praxis eingebunden werden. Hierbei muss eine Konstruktion gefunden werden, die weder für den Praxisinhaber, noch für den späteren Praxisübernehmer wirtschaftlich schädlich ist.
Zunächst ist zu beachten, dass die Praxis für die Übergangsphase einen zusätzlichen Arzt ernähren muss. Dies kann durch den Ausbau der Fallzahl gelingen, durch eine Steigerung von extrabudgetären Leistungen (z.B. OPs) oder durch eine Intensivierung der Aktivitäten im GOÄ-Bereich (wenn möglich).
Die häufig angedachte Job-Sharing-Lösung führt jedoch unmittelbar zu einer Deckelung der GKV-Praxis auf dem zuletzt erreichten Niveau. Damit sind die notwendigen Umsatzsteigerungen zur Ernährung des beitretenden Kollegen von vornherein unmöglich, Mehrleistungen werden durch die Deckelung nicht zahlungswirksam. Die Einbindung eines künftigen Praxisübernehmers als Job-Sharer scheidet daher in den meisten Fällen aus.
Eine interessante Alternative hat zum 1. Januar 2009 der Gesetzgeber eröffnet. Er hat klargestellt, dass die Abtrennung und Veräußerung einer halben Zulassung an einen beitretenden Partner grundsätzlich für einen Vertragsarzt möglich ist. Mit dieser Gestaltungsmöglichkeit kann in vielen Fällen eine wirtschaftlich tragfähige Lösung für eine Übergangsgemeinschaft mit dem Ziel der späteren Praxisabgabe konstruiert werden. Der beitretende Partner und spätere Übernehmer der Praxis erwirbt dabei mit Eintritt in die Praxis zunächst eine halbe Zulassung von dem bisherigen Praxisinhaber. Beide Partner verfügen dann jeweils über eine Teilzulassung und gründen eine klassische Gemeinschaftspraxis. Da ein Job-Sharing-Status des beitretenden Partners auf diese Weise vermieden wird, unterliegt die Praxis auch keinem Job-Sharing-Deckel. Mehrleistungen etwa im extrabudgetären Bereich (Operationen, Prävention, Notdienste etc.) werden somit honorarwirksam und steigern Umsatz und Gewinn. Eine Fallzahlsteigerung wird im Folgejahr zu einem gesteigerten RLV führen, das ohne Job-Sharing-Deckel ebenfalls genutzt werden kann.
Zur Frage des richtigen Kaufpreises sollte stets auch Rat beim Steuerberater der Praxis eingeholt werden. Denn die entgeltliche Veräußerung der Praxis in zwei Tranchen (bei Eintritt des Partners und später bei der Komplettübernahme) ist steuerlich meist nachteilig. Eine praxistaugliche Lösung besteht bspw. in der Einrichtung einer sogenannten 0%-Partnerschaft, in der der beitretende Partner zunächst keinen Praxisanteil entgeltlich erwirbt.
Nach einer Übergangszeit von ein oder zwei Jahren kann dann planmäßig die Übergabe der Praxis an den Nachfolger vervollständigt und abgeschlossen werden. Durch die zuvor beschriebene frühzeitige Einbindung eines Übernahme-Kandidaten in die eigene Praxis kann die zunehmend auftretende Abgabe-Problematik möglicherweise gänzlich vermieden werden.