BGH: Abrechnungspraxis mit 2,3-fachem Satz ist rechtmäßig

In einer Grundsatzentscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Position der Ärzte bei der Anwendung der GOÄ gestärkt: Ärzte dürfen bei durchschnittlich schwierigen Leistungen regelmäßig den 2,3-fachen Steigerungsfaktor ansetzen. Dieser Faktor ist der Höchstsatz der so genannten Regelspanne, die vom einfachen bis zum 2,3-fachen Wert reicht und innerhalb derer der Arzt „in der Regel“ seine Leistungen abzurechnen hat (§ 5 Abs. 2 Satz 3 GOÄ). Ein Überschreiten des 2,3-fachen Satzes ist nur in einzeln zu begründenden Ausnahmen zulässig.

Der Entscheidung des BGH lag ein Rechtsstreit zugrunde, in dem ein Augenarzt seine Privatliquidation für eine Augenoperation einklagte. In der Rechnung hatte der Arzt seine persönlich-ärztlichen Leistungen ausschließlich mit dem 2,3-fachen Satz berechnet. Der Patient hielt die Rechnung für überhöht und verweigerte die Zahlung. Das Amts- und das Landgericht entschieden jeweils, dass eine durchschnittlich schwierige ärztliche Leistung auch nur mit einem Mittelwert innerhalb der Regelspanne zum 1,4- oder 1,65-fachen bzw. zum 1,6 bis 1,8-fachen Satz zu entgelten sei. Denn die Regelspanne diene der Abgeltung der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle mit Abweichungen nach oben und unten, so dass auch schwierigere und zeitaufwändige Behandlungen von dieser Spanne grundsätzlich erfasst werden.

Diese Auffassung teilte der BGH indes nicht: Der Arzt dürfe nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistungen mit dem Höchstsatz der Regelspanne abrechnen. Dies entspreche auch der langjährigen Abrechnungspraxis, die dem Verordnungsgeber bekannt sei. Dieser habe jedoch keine Veranlassung gesehen, dem Arzt Begründungspflichten für die Anwendung von Steigerungssätzen innerhalb der Regelspanne aufzugeben oder einen Mittelwert für durchschnittliche Leistungen innerhalb der Regelspanne vorzugeben.

(BGH, Urt. v. 08.11.2007, III ZR 54/07)

Fazit: Der BGH hat dem Arzt für seine Privatliquidationen Rechtssicherheit verschafft. Bislang haben zahlreiche Instanzgerichte noch die Auffassung vertreten, dass eine durchschnittliche Leistung auch nur mit dem durchschnittlichen Steigerungssatz der Regelspanne in Höhe von 1,4 bis 1,8 berechnet werden dürfe, wobei sich schon bei der praktischen Umsetzung dieser Rechtsansicht die Frage aufdrängte, wie der Arzt ohne nähere Begründung den für eine durchschnittliche Leistung angemessenen Faktor ermitteln sollte. Auch insoweit hat der BGH bei seiner Entscheidung die Praktikabilität der GOÄ-Anwendung in der täglichen Praxis berücksichtigt. Allerdings ist einschränkend hervorzuheben, dass der BGH im Urteil ausdrücklich darauf aufmerksam macht, dass einfache ärztliche Verrichtungen im unteren Bereich der Regelspanne anzusetzen sind.

Quelle: RA Olaf Walter, Fachanwalt für Medizinrecht
WIENKE & BECKER – KÖLN, Rechtsanwälte,
Bonner Straße 323, 50968 Köln
Tel.: 0221/3765-30, Fax: 0221/3765-312
newsletter@kanzlei-wbk.de, www.vertragsarztrecht.net


In Kontakt bleiben: