Sind Ärzte nun auch von der Gewerbesteuer betroffen?

Das neue Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) bringt einige wesentliche Änderungen mit sich, die sich auch steuerrechtlich auswirken können. Davon sind insbesondere die Anstellung von Ärzten in der eigenen Praxis sowie in Zweigpraxen betroffen.

Mit dem Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2007 können Vertragsärzte mit Genehmigung der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in nicht gesperrten Planungsbereichen Ärzte anstellen. Die Anzahl der Anstellungen ist nicht mehr begrenzt. Der angestellte Arzt kann dabei auch eine andere Facharztbezeichnung haben.

Neu ist ebenfalls die Zulässigkeit von Zweigpraxen. Zur Versorgung der Versicherten an den weiteren Standorten kann der Vertragsarzt angestellte Ärzte seines Vertragsarztsitzes einsetzen oder aber an den weiteren Orten Ärzte anstellen. Grundsätzlich sind damit Zweigpraxen innerhalb eines KV-Bezirks, aber auch darüber hinaus möglich, d.h. es sind auch länderübergreifende und bundesweite ärztliche Kooperationen denkbar, die wirtschaftlich in ähnlichen Strukturen wie die gegenwärtig verbreiteten Filialunternehmen anderer Berufszweige agieren können.

Jedoch bringen die neuen Möglichkeiten der Vertragsärzte auch neue Problemkonstellationen mit sich. Denn wie bereits ein Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 1988 besagt, ist bei der Fragestellung, ob ein Arzt eine Tätigkeit gewerblich oder freiberuflich ausübt, zu prüfen, ob der Steuerpflichtige aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Ein Arzt wird dann leitend und eigenverantwortlich tätig, wenn er ohne fremde Hilfe aufgrund seines eigenen Fachwissens das Geschehen in der Praxis kontrollieren und überwachen kann.

Im vorliegenden Fall der Anstellung von Ärzten ist zunächst festzustellen, ob fachfremde Kollegen oder Kollegen des gleichen Fachgebiets angestellt werden.

  • Im Fall der Anstellung von fachfremden Kollegen besteht Gewerbesteuerpflicht, weil der Praxis-Chef im Hinblick auf den fachfremden Kollegen aufgrund eigener Fachkenntnisse grundsätzlich nicht leitend und eigenverantwortlich tätig werden kann.
  • Bei der Anstellung eines Kollegen des gleichen Fachgebiets ist zu unterscheiden, ob dieser Kollege direkt in der eigenen Praxis angestellt wird oder ob dieser in einer Zweigpraxis tätig ist. Sofern die Anstellung in einer weiter entfernten Zweigpraxis erfolgt, kann der Praxis-Chef den angestellten Kollegen in der Filiale weder kontrollieren noch überwachen. Damit ist auch hier wohl grundsätzlich Gewerbesteuerpflicht gegeben.

Was bedeutet nun „leitende und eigenverantwortliche“ Tätigkeit für den Praxis-Chef konkret? Von den Finanzgerichten werden diese Anforderungen mit „Überwachung und Kontrolle der Mitarbeiter“ gleichgesetzt; und dies in jedem einzelnen Behandlungsfall.

Zu diesem Ergebnis kam zuletzt auch das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt. Eine Anästhesie-Gemeinschaftspraxis wurde zur Zahlung von Gewerbesteuern verurteilt, weil Mitarbeiter außerhalb der Praxis ohne Anwesenheit der Praxispartner Narkosen vorgenommen hatten. Eine Kontrolle und Überwachung sei den Praxischefs wegen der räumlichen Trennung gar nicht möglich gewesen. Eine eigenverantwortliche Leitung der Tätigkeiten wurde deshalb verneint.

Der Praxis-Chef muss allerdings nicht sämtliche einzelne Behandlungstätigkeiten selbst durchführen. Beispielsweise ist anerkannt, dass medizinische Fachangestellte einfache Tätigkeiten oder mechanische Arbeiten ausführen dürfen. Insgesamt ist die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte erlaubt, wenn der Praxis-Chef weiter die tatsächliche Verantwortung für die Arbeit der Angestellten übernehmen kann.

Achtung: Im Bundesmantelvertrag für Ärzte (BMV) soll für Zweigpraxen zwar noch geregelt werden, wie Praxis-Chefs ihren Überwachungs- und Präsenzpflichten nachkommen müssen. Die Finanzämter sind daran jedoch nicht gebunden. Sie können, auch wenn die Vorgaben des BMV erfüllt werden, zu dem Schluss kommen, dass eine Gewerbesteuerpflicht vorliegt.

Fazit: Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, in die Gewerbesteuerfalle zu tappen. Um Rechtssicherheit zu erlangen, sollte daher vor der Anstellung von Ärzten in einer Praxis eine Beratung durch einen auf Heilberufe spezialisierten Steuerberater erfolgen, sowie gegebenenfalls eine verbindliche Anfrage an das zuständige Finanzamt gestellt werden.

Quelle: ADVISA GmbH Berlin, eine von 130 bundesweit im Verbund tätigen Steuerberatungsgesellschaften mit der Spezialisierung auf Mediziner;
Kontakt: Telefon: 030 / 2264-1213 oder advisa-wb-berlin@etl.de


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