Ambulantes Operieren
Ambulantes Operieren im Krankenhaus nach § 115 b SGB V durch niedergelassene Vertragsärzte?
Ausdrücklich fördert der Gesetzgeber mit § 20 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) eine enge Verzahnung der ambulanten und stationären Versorgung. § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV bestimmt, dass die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit der Beschäftigung eines Vertragsarztes in oder die Zusammenarbeit mit einem Krankenhaus vereinbar ist. Ob ein Krankenhausträger jedoch auch planmäßig ambulante Operationen im Krankenhaus (§ 115 b SGB V) von externen, niedergelassenen Ärzten durchführen lassen und diese unmittelbar mit den Krankenkassen abrechen darf, während der externe Operateur vom Klinikträger ein fallbezogenes Honorar erhält, war bislang nicht abschließend geklärt.
Das Landessozialgericht Sachsen hat solche Kooperationen in seinem Urteil vom 30.04.2008 (L 1 KR 103/07) für unzulässig gehalten. Nachdem das Urteil zunächst mit der Revision zum Bundessozialgericht angefochten und die dringend erwartete BSG-Entscheidung auf Mai 2009 terminiert wurde, wurde die Revision unmittelbar vor dem Termin zurückgenommen. Daher ist die Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen nun rechtskräftig geworden und muss zunächst als wegweisendes Urteil im Gesamtzusammenhang bewertet werden:
Der Wortlaut des § 115 b SGB V spreche von „ambulanten Operationen im Krankenhaus“, so dass LSG. Dies signalisiere, dass der Operateur prinzipiell ein Krankenhausarzt sein müsse. Auch das BSG hat in anderem Kontext geurteilt, dass eine Klinik die jeweiligen „Kernleistungen“ einer Behandlung selbst erbringen müsse. Werde jedoch bei ambulanten Operationen die Operation – also der Hauptbestandteil der Leistung – nicht von einem Krankenhausarzt, sondern einem externen Arzt erbracht, sei offenkundig, dass das Krankenhaus die ambulante Operation überhaupt nicht selbst erbringen könne. Es sei für die Erbringung ambulanter Operationen jedoch Voraussetzung, dass die jeweilige Klinik über die notwendige personelle Infrastruktur verfügt, die nur durch Krankenhausärzte oder Belegärzte gebildet werden könne. Andernfalls dürfe das Krankenhaus keine Operationen nach § 115 b SGB V erbringen und abrechnen.
LSG Sachsen, Urteil vom 30.04.2008, L 1 KR 103/07; nach Rücknahme der Revision im Mai 2009 rechtskräftig
Fazit:
Eine Ausweitung „konsiliarärztlicher“ Tätigkeiten niedergelassener Vertragsärzte auf die Erbringung zentraler diagnostischer und therapeutischer Leistungen im Krankenhaus ist nicht statthaft. Bei Leistungen niedergelassener, nicht (auch) beim Klinikträger beschäftigter Ärzte, handelt es sich nicht um Krankenhausleistungen, so dass das Krankenhaus auch keinen diesbezüglichen Vergütungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenkasse hat. Die im Nachgang zur Neuregelung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV geschlossenen Kooperationsverträge zwischen Vertragsärzten und Klinikträgern im Bereich des ambulanten Operierens im Krankenhaus (§ 115 b SGB V) sind der jetzt rechtskräftigen Rechtsprechung entsprechend anzupassen.
Praxistipp:
Rechtssicherheit für Klinikträger und Operateur kann nur dadurch geschaffen werden, dass der Operateur mit dem Krankenhausträger ein Angestelltenverhältnis begründet. Denn dann ist der niedergelassene Vertragsarzt gleichzeitig in die organisatorischen Strukturen des Krankenhauses eingebunden, so dass die von ihm bei ambulanten Operationen nach § 115 b SGB V erbrachten Leistungen dem Krankenhausträger eindeutig zugerechnet werden können; der Klinikträger erlangt dann einen entsprechenden Vergütungsanspruch. Dabei sind die vertragsarztrechtlichen Vorgaben über den zulässigen Tätigkeitsumfang außerhalb des Vertragsarztsitzes zu beachten.
Quelle: RA Olaf Walter, Fachanwalt für Medizinrecht
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