BGH bestätigt dreijährige „Probezeit“ für neue Partner ärztlicher Gemeinschaftspraxen

In einem aktuellen Urteil hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) erneut mit der Gestaltung von Kündigungsklauseln in Gesellschaftsverträgen ärztlicher Gemeinschaftspraxen befasst. Die Parteien des Rechtsstreits waren Internisten und hatten früher ihre ärztliche Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis gemeinsam ausgeübt. In dem Gesellschaftsvertrag war vereinbart, dass dem Senior der Praxis für zehn Jahre das Recht zustehen sollte, die Praxis im Falle einer Kündigung alleine fortzuführen.

Aufgrund von Differenzen in der Praxis machte der Seniorpartner von dieser so genannten „Hinauskündigungsklausel“ des Gesellschaftsvertrages Gebrauch und kündigte der Juniorpartnerin, die im Kündigungszeitpunkt rund zweieinhalb Jahre Partnerin der Praxis war, die Gemeinschaftspraxis.

Die junge Kollegin erhob jedoch Klage und begehrte die Feststellung, dass diese Hinauskündigungsklausel sittenwidrig und daher auch die auf dieser Klausel beruhende Kündigung des Seniorpartners unwirksam sei. Der BGH wies die Klage der jungen Ärztin ab. In Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung bestätigten die Richter zwar, dass die Hinauskündigungsklausel aufgrund ihrer für zehn Jahre vorgesehenen Geltung sittenwidrig und unwirksam sei. Allerdings müsse diese Klausel dahingehend ausgelegt werden, dass die Hinauskündigung während der ersten drei Jahre der Zusammenarbeit zulässig sei. Innerhalb einer solchen Frist sei es sachgerecht, eine Hinauskündigung eines neuen Gesellschafters zuzulassen. Da die Kündigung des Seniors hier vor Ablauf dieser drei Jahre ausgesprochen wurde, sei sie insgesamt wirksam. (BGH, Urt. v. 7.5.2007, Az. II ZR 281/07)

Fazit: Der BGH hat nunmehr in Konkretisierung seiner bisherigen Rechtsprechung nicht nur die Sittenwidrigkeit von Hinauskündigungsklauseln unterstrichen, die für einen überlangen Zeitraum vereinbart wurden, sondern jetzt mit Augenmaß die Zulässigkeit solcher Kündigungsregeln für die ersten drei Jahre der Partnerschaft bestimmt.

Die Richter hoben hervor, dass die Gesellschafter einerseits die Möglichkeit des gegenseitigen Kennenlernens haben müssten, andererseits aber auch ausreichend Zeit vorhanden sein müsse, um etwaige Differenzen auszuräumen und zu für beide Seiten tragfähigen Kompromissen zu gelangen.

Der BGH sieht eine dreijährige „Probezeit“ für neue Partner einer Gemeinschaftspraxis als zulässig an. Mit dieser Rechtsprechung zu überlangen Hinauskündigungsklauseln will der BGH gewährleisten, dass jeder Gesellschafter seine Rechte und Pflichten unabhängig vom Wohlwollen der Kollegen eigenverantwortlich ausübt und nicht unter dem „Damokles-Schwert“ eines jederzeit möglichen Ausschlusses steht.

Praxistipp: Wenn Sie neue Partner in Ihre Praxis aufnehmen wollen, können Sie nunmehr rechtssicher eine dreijährige „Probezeit“ mit den Kollegen vereinbaren. Damit wird sichergestellt, dass Sie die neuen Kollegen während der ersten Jahre der Zusammenarbeit aus der Praxis ausschließen können, wenn die gemeinsame Berufsausübung nicht in der erhofften Weise abläuft. Ohne eine derartige Klausel könnte u.a. Streit darüber entstehen, ob die Kündigung wirksam war und wer die Praxis fortführen darf. Gerade eine Auseinandersetzung über letztgenannten Punkt sollte vermieden werden.

Quelle: RA Olaf Walter, Fachanwalt für Medizinrecht
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