BVerfG: Arztwerbung mit „Unangefochtene Nr. 1, sensationelle Erfolgsquote“ erlaubt
Einmal mehr hebt das Bundesverfassungsgericht eine rigide Entscheidung eines Landesberufsgerichts für Heilberufe auf und unterstreicht das Recht der Ärzte auf Werbung für ihre Leistungen: Ein niedergelassener Orthopäde, der auch Belegbetten in einer Privatklinik unterhielt, warb mit einem Zeitungsbericht und Inseraten für minimalinvasive Bandscheibenoperationen: „Unangefochtene Nr. 1 für Bandscheibenoperationen, sensationelle Erfolgsquote“, seine Patienten stehen postoperativ „munter auf den Beinen, wagen mit der Assistentin ein Tänzchen, strahlen glücklich“ sind nur einige der Werbeaussagen.
Das Landesberufsgericht verurteilte den Orthopäden zu einer Geldbuße über EUR 10.000, gegen die der Arzt Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einlegte – mit Erfolg: Das BVerfG betonte, dass der Sinn eines Werbetextes stets im Kontext des gesamten Eindrucks der Werbung beurteilt werden müsse. Der Schluss einer einzelnen Textpassage auf den Gesamtinhalt der Werbung sei nur dann zulässig, wenn diese Textpassage charakteristisch für die Werbung insgesamt ist. Der Orthopäde informiere in der Zeitung potentielle Patienten über eine neuartige, unbekannte Behandlungsmethode. Daher bestehe sogar ein anerkennenswertes Allgemeininteresse an einer Informationswerbung über diese Methode.
Die zitierten Textpassagen bewertete das BVerfG wie folgt: Die genannten Textpassagen verwischten den sachlichen Informationsgehalt nicht; vielmehr treten sie hinter die informative Gesamtaussage der Werbung zurück, zumal sie auch quantitativ keinen wesentlichen Teil der Werbung ausmachen. Vielmehr verdeutlichen sie die besondere Errungenschaft des Verfahrens und den schonenden Umgang mit dem Patienten.
Fazit: Das BVerfG bringt das Arztwerberecht wieder ein großes Stück voran: Auch solche Aussagen, die nicht streng sachbezogen nüchterne Fakten mitteilen, werden nicht mehr per se als rechtswidrig beurteilt. Solange eine Sachinformation die Hauptbotschaft der Werbung bleibt und nicht durch Elemente der Image- oder Sympathiewerbung verdrängt wird, ist die Werbung entsprechend ihrem Gesamteindruck als rechtmäßig zu bewerten. Allerdings dürfte es noch einige Zeit dauern, bis auch die Ärztekammern und Berufsgerichte diese Entscheidung des BVerfG in ihrer Spruchpraxis umsetzen; mithin ist bei neuen Werbemaßnahmen zunächst noch Vorsicht geboten.
BVerfG Beschl. v. 13.07.2005 – 1 BvR 191/05
Quelle: RA Olaf Walter, WIENKE & BECKER – KÖLN,
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