Es bewegt sich was – Kassen greifen massiv ins Geschehen ein
Wer aktuell das Gesundheitswesen aufmerksam beobachtet, erkennt das gewaltige Ausmaß der anstehenden Veränderungen. Die KV Baden-Württemberg schreibt die komplette hausärztliche Versorgung in Baden-Württemberg aus und kündigt an, nur mit MEDI und dem Hausärzteverband über die zukünftige Versorgung zu verhandeln. Die AOK Bayern will der KV Bayerns den Gesamtvertrag inkl. aller Anlagen zum 31. März 2008 kündigen. Und in Kassel und Köln testen die Krankenkassen Direktverträge mit einzelnen Leistungserbringern. Wer die Puzzle-Teile zusammen setzt, erkennt, dass die kürzlich veröffentlichte KBV-Prognose, nach der bis zum Jahr 2010 nur noch 55% aller ambulanten Leistungen über den Kollektiv-Vertrag abgerechnet werden, durchaus realistisch ist.
Wer nicht auf die Hälfte seiner derzeitigen GKV-Honorare verzichten kann (wer kann das schon?), sollte sich Gedanken machen, wie er sich künftig positioniert. Hierzu einige Gedanken: Einfluss auf die großen flächendeckenden Verträge besteht zunächst einmal unmittelbar nicht, da bspw. in Baden-Württemberg der eine Monopolist den anderen ablösen wird (z.B. BDA ersetzt KV BW). Interessanter sind regionale Einzelverträge. Zumindest dann, wenn die Initiative dazu von einer Arztgruppe ausgeht, um einer Ausschreibung der Krankenkassen und dem damit zwangsläufig verbundenen Einkaufsmodell zuvor zu kommen.
Die Krankenkassen (und künftig auch die privaten Versicherer) greifen dabei immer stärker in die Lenkung von Patientenströmen ein. Die Palette reicht von der einfachen Empfehlung über den Erlass der Praxisgebühr bis hin zu günstigeren Versicherungsprämien. Hierdurch können auch langjährig eingefahrene Patientenwege verändert werden: Zugunsten derjenigen Ärzte, die Vertragspartner der Krankenkassen sind. Unsere bisherige Erfahrung mit Kassenverträgen zeigt, dass für Verträge mit Fokus auf der Einsparung von nicht notwendigen Klinik-Einweisungen derzeit die BKKen (sinnvollerweise über deren Landesverbände) der aktivste Gesprächspartner sind. Für service-lastige Verträge oder solche, die die ambulante medizinische Versorgung ganz oder teilweise neu regeln, kommen große Ersatzkassen in Frage. Die AOKen scheinen sich hingegen zunächst vornehmlich auf den Abschluss von Gesamtverträgen zu konzentrieren.