OLG Braunschweig: Kooperation ist nicht Korruption
Unlängst hat ein Beschluss des OLG Braunschweig über die fragliche Strafbarkeit wirtschaftlicher Verflechtungen zwischen Apothekern und Ärzten für eine umfängliche Berichterstattung in den Medien gesorgt. Im Vordergrund stand hierbei die Bewertung des OLG Braunschweig, nach der ein Arzt bei der Verordnung von Arzneimitteln als Beauftragter der Krankenkassen handele und sich deshalb grundsätzlich der „Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ nach § 299 des Strafgesetzbuches strafbar machen könne.
Der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahr 2003 eben diese Rechtsansicht vertreten, so dass der Beschluss des OLG Braunschweig nichts Neues besagt. Auch wenn der Inhaber eines Betriebes und somit grundsätzlich auch der selbständige niedergelassene Arzt zunächst nicht als Täter der „Bestechlichkeit“ in Betracht kommt, gilt nach der Rechtsprechung des BGH im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung etwas anderes: Denn der selbständige Vertragsarzt vermittelt und konkretisiert den Sachleistungsanspruch des Versicherten auf Arzneiversorgung gegenüber der Krankenkasse.
Der Kassenarzt ist damit auf Grund seines Status befugt, den Leistungsaustausch zwischen der Krankenkassen und der Apotheke bezüglich der Medikamentenversorgung des Versicherten zu beeinflussen. Daher sei er in dieser Funktion als Beauftragter der Krankenkassen zu sehen.
Allerdings führt diese Stellung des Vertragsarztes zu den gesetzlichen Krankenkassen nicht dazu, dass jegliche wirtschaftliche Beziehung zwischen dem Arzt und einer Apotheke zur Strafbarkeit des Arztes nach § 299 StGB führt. Vielmehr ist eine solche Kooperation nur dann strafbar, wenn der Arzt mit dem Apotheker eine sogenannte Unrechtsvereinbarung getroffen hat. Unzulässig sind z.B. wirtschaftliche Vorteile, wenn diese als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung des Apothekers durch den Arzt durch Zuweisung von Patienten gewährt werden. Erst eine solche Unrechtsvereinbarung führt zur Strafbarkeit wirtschaftlicher Beziehungen.
Derartige Vereinbarungen sind allerdings immer schon unzulässig gewesen und durch § 34 der Musterberufsordnung untersagt: Die Berufsordnung verbietet den Ärzten, für eine Verordnung von Arzneimitteln Vorteile anzunehmen oder Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken zu verweisen. Unter die Verbotsnorm der Musterberufsordnung fielen bislang auch jegliche Kooperationen, in denen einem Arzt z.B. „Kickbacks“ in Abhängigkeit von der Anzahl der zugewiesenen Verordnungen gewährt wurden. Gerade derartige Konstellationen fallen jedenfalls nach der Auffassung der Rechtsprechung auch unter die Strafnorm des § 299 StGB.
In dem vom OLG Braunschweig entschiedenen Fall konnte die Staatsanwaltschaft den dort betroffenen Apothekern und Ärzten, die Mietzuschüsse und Umbaukostenerstattungen gewährt bzw. entgegengenommen haben, eine entsprechende Unrechtsvereinbarung nicht feststellen, so dass die Anklage nicht zugelassen wurde.
Fazit:
Einmal mehr sollten Abreden zwischen Ärzten und Apotheken, Sanitätshäusern und anderen Gesundheitsunternehmen, die unter anderem auch die Gewährung wirtschaftlicher Vorteile zum Inhalt haben, darauf geprüft werden, ob sie mit den Vorgaben des ärztlichen Berufsrechts vereinbar sind. Ist dies der Fall, so dürfte in der Regel auch eine Strafbarkeit wegen Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nicht in Betracht kommen. Der Beschluss des OLG Braunschweig ruft in Erinnerung, dass neben den berufsgerichtlichen Verurteilungen bei Verstoß gegen den § 34 Musterberufsordnung auch strafrechtliche Verfahren wegen Bestechlichkeit drohen, die natürlich ein noch „schärferes Schwert“ darstellen.
Quelle: RA Olaf Walter, Fachanwalt für Medizinrecht
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