Patientenrechtegesetz – Was ändert sich für Ärzte? (Teil II)
Bereits im letzten Newsletter ging es um das Patientenrechtegesetz, das im Frühjahr in Kraft treten soll. Dabei wurden die neuen Vorschriften zur Aufklärung thematisiert. Darüber hinaus gibt es weitere Neuregelungen die für Ärzte Änderungen mit sich bringen:
Verfolgung von Behandlungsfehlern durch die Krankenkassen
Eine nachhaltige Veränderung ist in § 66 SGB V eingeflossen. Bisher konnten die Krankenkassen die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern unterstützen. Durch die gesetzliche Änderung ist das Wort „können“ durch das Wort „sollen“ ersetzt worden. Im Rechtssinne sind die Krankenkassen daher ab sofort verpflichtet, die Versicherten bei der Verfolgung etwaiger Schadenersatzansprüche aus Behandlungsfehlern zu unterstützen. Hieraus ergibt sich ein unmittelbarer Handlungsanspruch der Versicherten gegenüber ihrer Krankenkasse. Einige Versicherungsunternehmen haben diese gesetzliche Änderung bereits zum Anlass genommen, ihr jeweiliges Versicherungsportefeuille zu überprüfen und teilweise umzustrukturieren. Dies hat dazu geführt, dass immer weniger Berufshaftpflichtversicherungen sind gewillt, die Risiken aus ärztlichem Berufsversehen zu versichern. Dies wird unweigerlich auch Auswirkungen auf die zukünftige Prämiengestaltung haben. Zudem ist mit einer nicht unerheblichen Zunahme von angemeldeten Ansprüchen aus angeblichen Behandlungsfehlern zu rechnen.
Dokumentationspflichten bei Änderungen in der Patientenakte
§ 630 f BGB regelt die Pflicht zur ordnungsgemäßen Dokumentation der Behandlung. Diese Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch nicht nur an die bisher zur Dokumentation ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anknüpfen, sondern diese darüber hinaus fortentwickeln. Neu und in der Praxis – insbesondere im Hinblick auf elektronische Patientenakten – nur schwer umsetzbar ist die Forderung des § 630 f Abs. 1 BGB, dass Berichtigungen in der Patientenakte künftig so gestaltet sein müssen, dass die ursprüngliche Eintragung noch erkennbar ist. Während es leicht möglich ist, Änderungen in handschriftlichen Patientenakten nachvollziehbar und erkennbar zu gestalten, verpflichtet die Neuregelung Ärzte, die eine elektronische Patientenakte führen, eine manipulationssichere Software zu betrieben. Die eingesetzte Softwarekonstruktion muss demnach gewährleisten, dass nachträgliche Änderungen erkennbar werden, da anderenfalls der Beweiswert der Dokumentation in Frage gestellt werden könnte.
Information des Patienten über Behandlungsfehler
Die Informationspflicht des Arztes nach § 630 c Abs. 2 BGB in Bezug auf eigene oder fremde Behandlungsfehler knüpft im Wesentlichen an die bisher schon geltende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an. Sie ist Ausdruck der Abwägung zwischen den Interessen des behandelnden Arztes am Schutz seiner Person und dem Interesse des Patienten am Schutz seiner Gesundheit. Auf Fragen des Patienten ist der Arzt verpflichtet, wahrheitsgemäß zu antworten, wenn er Umstände erkennt, welche die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen, auch wenn er dabei Gefahr läuft, nicht nur einen Behandlungsfehler eines Dritten, sondern auch eigene Fehler offenbaren zu müssen. Eine darüber hinausgehende Recherchepflicht des Arztes zur Abklärung möglicher, für ihn aber nicht erkennbare Behandlungsfehler besteht hingegen nicht. Fragt der Patient nicht ausdrücklich nach einem Behandlungsfehler, muss der Arzt dennoch sämtliche Umstände offenbaren, soweit dies zur Abwendung von gesundheitlichen Gefahren für den Patienten erforderlich ist. Eine darüber hinausgehende Informationspflicht besteht allerdings nicht.
Nach Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes werden Neuregelungen in der Praxis den Beweis ihrer Tauglichkeit antreten müssen. Ob diese nun kodifizierten Rechtsrahmenbedingungen im Arzt-Patientenverhältnis die bisherige, maßgeblich durch die Rechtsprechung geprägte Situation verbessern werden, bleibt abzuwarten.
Quelle: RAin Anna Stenger, LL.M., Fachanwältin für Medizinrecht
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