Praxisbericht: Gesellschafterwechsel in großen Gemeinschaftspraxen
Jahrelang haben die Kollegen in ihrer Gemeinschaftspraxis zusammengearbeitet. Nähert sich einer der Partner dem Rentenalter, kann es erfahrungsgemäß ungemütlich werden. Uneinigkeit besteht häufig über den Wunsch eines älteren Praxispartners, für die letzten Jahre seinen Arbeitsumfang zu reduzieren. Schulden alle Partner gemäß Gesellschaftsvertrag ihre volle Arbeitskraft und wurde auch keine diesbezügliche Öffnungsklausel vereinbart, besteht kein Anspruch auf Arbeitszeitreduktion. Ist eine leistungsabhängige Gewinnverteilung vereinbart, fällt den Partnern die Zustimmung dennoch meistens einfacher, als wenn alle Partner fixe Gewinnanteile beziehen. Auch das Angebot, die eigene Arbeitskraft durch einen Assistenten zu kompensieren, trifft vielfach nicht auf Gegenliebe bei den Partnern. Denn die Erfahrung lehrt, dass trotz gleicher Arbeitszeit die Leistung eines angestellten Arztes hinter derjenigen eines Partners zurück bleibt – worunter dann alle Praxispartner wirtschaftlich zu leiden haben. Privilegien für den Praxisgründer werden von jüngeren Ärzten, die später in die Praxis eingetreten sind, in vielen Fällen nicht akzeptiert. Und was nicht im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, kann nicht verlangt werden.
Intensive Auseinandersetzungen sind auch bzgl. des Praxiswertes an der Tagesordnung. Denn von diesem Wert hängt nicht nur die an den austretenden Partner zu zahlende Abfindung ab. Der Praxiswert beeinflusst auch die Chancen der verbleibenden Partner, einen neuen Kollegen zu finden, der sich zu ebendiesem Preis in die Praxis einkaufen soll. Aufgrund der bestehenden Nachfolgeproblematik in zahlreichen Regionen wird das Verwertungsrisiko für den Praxisanteil teilweise auf den austretenden Partner übertragen, der dann selber nach einem Nachfolger suchen muss.
Offensichtlich zu Tage treten unterschiedliche Prioritäten von älteren und jüngeren Partnern einer erfolgreichen Gemeinschaftspraxis, sobald ein Klinik-MVZ ein Übernahmeangebot unterbreitet. Dem meist attraktiven Kaufpreis steht dann der Verlust der Freiberuflichkeit gegenüber, was von den Partnern oftmals unterschiedlich bewertet wird.
Wir erleben im Rahmen unserer Beratungstätigkeit mit hoher Regelmäßigkeit Auseinandersetzungen zwischen Gemeinschaftspraxispartnern zu den zuvor beschriebenen und weiteren Problematiken. Teilweise gelingt die Schlichtung durch die Präsentation bewährter Lösungen aus anderen Gemeinschaftspraxen und durch objektive Beurteilung und Einschätzung eines unbefangenen externen Beobachters. Ein „Richterspruch“ kann gleichwohl durch einen Berater nicht gefällt werden und ein solcher hätte ja auch keinerlei Verbindlichkeit. Einige Fälle landen daher (meist zum Schaden aller Beteiligten) vor Gericht.