Praxisvertretung: Altersgrenze von 68 Jahren gilt nicht
Entgegen einer weit verbreiteten Meinung gilt die Altersgrenze von 68 Jahren für die Vertretung in einer Vertragsarztpraxis nicht; vielmehr können sich Vertragsärzte während ihres Urlaubs, bei Krankheit oder wegen der Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung durchaus von einem Kollegen vertreten lassen, der das 68. Lebensjahr vollendet hat – z.B. durch ihren Vorgänger in der Praxis. Dass der Vertreter seine Zulassung mit Abschluss des 68. Lebensjahres zurückgeben musste, ändert hieran nichts. In einer gerade veröffentlichten Entscheidung betont das Bundessozialgericht (BSG), dass nach dem SGB V die grundsätzliche Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ab 68 Jahren zwar ende; für Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen existiere eine entsprechende Regelung jedoch nicht. Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten eine Vertretung durch einen (älteren) Arzt nur dann untersagen, wenn in dessen Person individuelle Umstände vorliegen, die seine Eignung für eine Tätigkeit in einer vertragsärztlichen Praxis ausschließen. Das Überschreiten der Altersgrenze für die Zulassung zähle hierzu aber nicht. (BSG, Urt. v. 30.6.2004 – B 6 KA 11/04 R)
Fazit: Die Entscheidung der höchsten Sozialrichter beweist Augenmaß und Realitätssinn. Denn das Bundesverfassungsgericht hat seinerzeit bei der Überprüfung der Altersgrenze für die vertragsärztliche Tätigkeit betont, dass der Vertragsarzt nach Überschreiten der Altersgrenze und Rückgabe der Zulassung immer noch privatärztlich tätig sein dürfe. Offenbar sehen sowohl die Rechtsprechung als auch der Gesetzgeber nicht jede patientenbezogene Berufsausübung durch ältere Mediziner als derartig gefährlich an, dass sie ausnahmslos zu unterbleiben habe. Daher besteht auch kein Grund, für die Vertretung in einer Vertragsarztpraxis eine Altersgrenze festzulegen. Andernfalls hätte der Gesetzgeber für die Vollendung des 68. Lebensjahres auch eine Beendigung der Approbation anordnen müssen.
Quelle: WIENKE & BECKER – KÖLN, Rechtsanwälte
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