ÜBAG: Achtung Falle!
Die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft ist aufgrund der unkomplizierten Umsetzbarkeit (keiner der Kollegen muss umziehen) und aufgrund der vorteilhaften wirtschaftlichen Möglichkeiten derzeit eines der begehrtesten Kooperationsmodelle unter niedergelassenen Ärzten.
Doch wo Chancen liegen, lauern meist auch Risiken. Eine häufig übersehene Gefahrenquelle für die Honorare der an einer ÜBAG beteiligten Partner ist im Bereich der Laborhonorare zu finden. Bekanntlich erhält jeder Arzt abhängig von Fachgruppe und behandelter Fallzahl von der KV zu Beginn des Quartales einen sogenannten Wirtschaftlichkeitsbonus (auch „Laborbonus“ genannt) gutgeschrieben. So erhält bspw. ein Hausarzt für 900 Scheine einen Wirtschaftlichkeitsbonus in Höhe von rund € 1.500 pro Quartal, ein Urologe für 700 Scheine einen solchen von rund € 1.700 pro Quartal.
Dieser Bonus wird voll ausgezahlt, wenn das von dem Arzt abgerechnete oder veranlasste Labor-Honorar unter einem bestimmten Grenzwert liegt. Diese „Unschädlichkeits-Grenze“ für Laborhonorare ist ebenfalls abhängig von Fallzahl und Fachgruppe eines Arztes.
Für den zuvor erwähnten Hausarzt liegt die „Unschädlichkeits-Grenze“ bei rund € 2.100 an Labor-Honorar pro Quartal, für den Beispiel-Urologen bei rund € 2.800 an Labor-Honoraren pro Quartal. Übersteigt die Summe aus selbst abgerechnetem und veranlasstem Labor-Honorar in einem Quartal diesen Grenzwert, wird der Laborbonus nach und nach abgeschmolzen. Schlimmstenfalls kann der Laborbonus in einer Einzelpraxis komplett gestrichen werden – er liegt dann bei € 0.
Finden nun mehrere Praxen zu einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) zusammen, werden viele honorar-relevante Kennzahlen von der KV einrichtungsweit zusammengefasst. Dies gilt in einigen KVen (z.B. Nordrhein) auch für den Laborbonus, dessen ungeschmälerte Höhe sich zunächst aus der Summe der Laborboni der beteiligten Partner ergibt. Auch die Unschädlichkeits-Grenze für die von den BAG-Partnern insgesamt abgerechneten oder veranlassten Labor-Honorare ergibt sich aus der Summe der arztspezifischen Einzelwerte.
Eine honorarschmälernde Wirkung kann nun entstehen, wenn einer der Partner in einer Berufsausübungsgemeinschaft umfangreiche Laborleistungen erbringt oder veranlasst, die deutlich über seiner persönlichen Unschädlichkeits-Grenze für Labor-Honorare liegen. Während die übersteigende Labormenge in der Einzelpraxis maximal den eigenen Laborbonus dieses Arztes aufzehren kann, kann sie über die in einer BAG bestehende Kopplung der Honorar-Abrechnungen darüber hinaus auch noch die Laborboni der Kollegen eliminieren.
Der beschriebene Effekt ist natürlich kein Spezifikum einer ÜBAG, sondern kann auch in der klassischen Gemeinschaftspraxis und dem MVZ auftreten. Da zahlreiche ÜBAGs aufgrund der offenkundigen wirtschaftlichen Vorteile und aufgrund der unkomplizierten Erweiterbarkeit im letzten Jahr jedoch schnell eine beträchtliche Größe und Partnerzahl erreicht haben, summieren sich die durch einen labor-starken Partner gefährdeten Laborboni gerade in großen ÜBAGs schnell auf hohe vierstellige EURO-Beträge pro Quartal. Was ist die Konsequenz aus dem Gesagten?
- Prüfen Sie, ob ein negativer Labor-Effekt in Ihrer (Ü)BAG greift.
- Treffen Sie unter den (Ü)BAG-Partnern eine Regelung, in welchem Verhältnis die negativen Auswirkungen von wem getragen werden.
- Prüfen Sie vor der Integration jedes neuen Partners, welche Auswirkungen sich ggf. auf den Laborbonus der Gemeinschaft ergeben.
Selbstverständlich stehen wir Ihnen bei Bedarf für alle drei Punkte unterstützend zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns ggf. unter 0221 / 139 836-0 oder unter info@frielingsdorf.de.