Versorgungsstrukturgesetz: Neue Regelungen zur erleichterten Genehmigung von Zweigpraxen
Einige im Rahmen des Versorgungsstrukturgesetz (VStG) vorgenommene Änderungen finden zugunsten von Ärzten auch schon auf laufende Verfahren Anwendung.
Für die Praxis interessant sind insoweit die Änderung zur Genehmigung von Zweigpraxen sowie die Neureglung, dass bei der Überschreitung des Richtgrößenvolumens vor der Festsetzung eines Regress zunächst eine Beratung des Arztes erfolgen soll. Hiervon können auch „Altfälle“ profitieren.
Vereinfachung der Eröffnung von Zweigpraxen (§ 24 Ärzte-ZV) Durch eine Änderung des § 24 Ärzte-ZV hatte der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Eröffnung von Zweigpraxen etwas weicher gestaltet, indem nun auch eine geringfügige Beeinträchtigung der Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes unbeachtlich ist, wenn sie durch die Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort aufgewogen werden kann.
Durch diese Änderung sollen die Zulassungsausschüsse stärker als bisher dazu angehalten werden, bei der Genehmigungsentscheidung die Versorgungssituation an beiden Tätigkeitsorten zu berücksichtigen und den Versorgungsbedarf am Ort der Zweigpraxis ins Verhältnis zu einer eventuellen Beeinträchtigung der Versorgung am Vertragsarztsitz zu setzen.
Bezüglich dieser Änderung hat das Bundessozialgericht (BSG) nunmehr in einer Sitzung am 09.05.2012 betont, dass die durch das VStG eingeführten Erleichterungen auch für Anträge auf Erteilung der Genehmigung zur Eröffnung von Zweigpraxen gelten sollen, die vor Inkrafttreten gestellt worden sind.
Grund hierfür ist, dass bei sogenannten Verpflichtungsklagen, in denen es der Kläger die Verurteilung der Behörde zum Erlass eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes begehrt, Rechtsänderungen grundsätzlich zu beachten sind. Sowohl der Zulassungsausschuss als auch die Gerichte müssen daher bei Ihrer Entscheidung immer die zum Zeitpunkt der Entscheidung aktuelle Gesetzeslage zugrunde legen.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gesetzesänderung für den Arzt nachteilig ist. In diesem Fällen gilt aus Gründen des Vertrauensschutzes die alte Rechtslage für laufende Verfahren fort. Die Erleichterung für Ärzte zur Eröffnung von Zweigpraxen ist hingegen auf alle Altfälle anwendbar ist, die noch nicht rechtskräftig entschieden sind.
Beratung vor Regress (§ 106 Abs. 5 e SGB V)
Auch die Neuregelung, dass bei erstmaliger Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v. H. zukünftig zunächst kein Regress festgesetzt werden soll, bevor den betroffenen Vertragsärzten nicht zuvor zumindest eine einmalige Beratung angeboten wurde, soll für bereits laufende Verfahren gelten. So sieht es ein Schreiben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) vom 04.04.2012 vor.
Das BMG stellte klar, dass der Grundsatz „Beratung vor Regress“ auch auf Verfahren vor dem Jahr 2012 Anwendung finde. Dies gilt allerdings nur für Verfahren, in denen die Prüfungsgremien vor dem 01.01.2012 noch keinen Regressbescheid festgesetzt haben.
Für alle anderen Fälle gilt auch hier, dass die Prüfungsstellen und Beschwerdeausschüsse das Recht anwenden müssen, dass im Zeitpunkt ihrer Entscheidung gilt. Daher findet insoweit der Grundsatz „Beratung vor Regress“ auch auf laufende Verfahren vor dem Jahr 2012 Anwendung.
Quelle: RAin Anna Stenger, LL.M., Fachanwältin für Medizinrecht
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