Wahlleistungen durch den Konsiliar- bzw. Kooperationsarzt?
Zwei Landgerichte, konkret das LG München sowie das LG Düsseldorf, hatten kürzlich über Liquidationsstreitigkeiten von niedergelassenen Ärzten zu entscheiden, die als „Konsiliar- bzw. Kooperationsärzte“ stationäre Operationen bei ihren Patienten durchführten und diese als Wahlleistungen privatärztlich liquidiert haben. Sowohl das LG München (Urteil vom 09.12.2014, Az. 9 S 9168/13) als auch das LG Düsseldorf (Urteil vom 30.01.2014, Az. 21 S 187/12) hielten eine wahlärztliche Liquidation in derartigen Gestaltungen, die in der Praxis weit verbreitet sind, für unzulässig, da § 17 Abs. 3 KHEntgG entgegenstehe. Danach erstreckt sich eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses, worauf in der Vereinbarung hinzuweisen ist.
Im Fall des LG Düsseldorf hatte ein Unfallchirurg mit einem Krankenhaus einen Kooperationsvertrag geschlossen. Er operierte eine privat versicherte Patientin im Krankenhaus, nachdem er diese Patientin zuvor in seiner Praxis untersucht hatte. Der stationären Behandlung lag sowohl ein Behandlungsvertrag mit dem Krankenhausträger als auch eine Vereinbarung mit dem Unfallchirurg über die privatärztliche Abrechnung des Eingriffs zugrunde. Der Chirurg stellte später ca. 1.200 Euro in Rechnung, die zunächst gezahlt wurden. Die Privatversicherung verlangte sodann die Rückzahlung aus abgetretenem Recht.
Im Fall des LG München behandelte ein Neurochirurg einen Patienten ambulant und überwies diesen zur Operation in ein Krankenhaus. Dort nahm er den Eingriff selbst vor und rechnete ca. 2.150 Euro als Wahlarztleistungen ab. Eine ursprünglich vom Neurochirurgen behauptete „Veranlassung“ seiner Tätigkeit durch den liquidationsberechtigten Arzt bestätigte sich in der Beweisaufnahme nicht. Vielmehr zeigte sich, dass der liquidationsberechtigte Arzt den Patienten nicht kannte und dies auch dem abgestimmten Konstrukt entsprach, wonach der Neurochirurg „seine Patienten“ alleinverantwortlich behandelte.
Sowohl das LG München als auch das LG Düsseldorf stellen in den Urteilsbegründungen maßgeblich auf den Wortlaut des § 17 Abs. 3 KHEntgG ab, der eng auszulegen sei. Werde die wahlärztliche Leistung von einem Arzt erbracht, der weder selbst von der Wahlleistungsvereinbarung erfasst sei, noch angestellter oder beamteter Arzt des Krankenhauses sei, noch dessen Behandlung durch den in der Wahlleistungsvereinbarung genannten Arzt oder einen angestellten oder beamteten Arzt des Krankenhauses veranlasst wurde, dann sei dies von § 17 Abs. 3 KHEntgG nicht gedeckt. Diese Norm überdecke als spezialgesetzliche Regelung ferner auch eine etwaige ergänzende privatrechtliche Vereinbarung zwischen Arzt und Patient.
Fazit
Die Entscheidungen verdeutlichen das hohe Risikopotential, das mit der „wahlärztlichen Erbringung“ von Konsiliar- bzw. Kooperationsarztverträgen einhergeht. Zwar ist das letzte Wort in rechtlicher Sicht noch nicht gesprochen, jedoch ist nicht auszuschließen, dass der Bundesgerichtshof die Entscheidungen halten wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden auch private Krankenversicherer intensiver prüfen, ob etwaige Liquidationen mit Blick auf die zugrunde liegende rechtliche Gestaltung ggf. angreifbar sind. Dies kann im Rahmen der Verjährungszeit (3 Jahre) auch rückwirkend erfolgen. Dies kann in Einzelfällen nachhaltige wirtschaftliche Probleme zur Folge haben. Als rechtlich sicherere Gestaltungsoption könnte die vielfach unbeliebte Teilzeitanstellung gewählt werden. In diesem Fall wäre die wahlärztliche Liquidation grundsätzlich möglich, da den Vorgaben des § 17 Abs. 3 KHEntgG genügt würde.
Quelle: RA Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Fachanwalt für Medizinrecht, Wirtschaftsmediator
Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund / Münster
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